Zurück in die 80er

Review / Test Leica Sofort

 

Beim surfen im Netz bin ich auf einige aktuelle Fotos gestoßen, deren Machart man vor ein paar Jahren wohl überhaupt keine Zukunft mehr eingeräumt hätte: Sofortbilder oder aber auch Polaroid-Bilder geistern trotz digitaler Revolution immer noch durchs Netz. 

Wenn man sich ein bisschen in das Thema einliest merkt man schnell, dass es durchaus (wieder) einen Markt für unkomplizierte, meistens gnadenlos fehlbelichtete Instantfotos gibt. Polaroid  hat dabei nicht mehr wirklich die Hosen an: heute versuchen Fujifilm, Lomography und nun auch Leica ihre Kameras als DAS große Retro-Ding zu vermarkten. Ich bin natürlich auch darauf reingefallen und habe mir kurz nach Erscheinen eine Leica Sofort geleistet - mit aktuell 279 Euro im Bereich der Sofortbildkameras wahrlich kein Schnäppchen (vergleichbare Modelle anderer Hersteller sind rund 100-150€ billiger). Allerdings erhält man zusätzlich die Genugtuung, jedem erzählen zu können man sei als ambitionierter Fotograf auch im Besitz einer Leica. Zwar aus Plastik und Made in China, aber solche Nebensächlichkeiten muss man ja nicht noch extra betonen.

Die Leica Sofort sieht der Fujifilm Instax Mini 90 äußerst ähnlich und funktioniert auch mit den gleichen Instax-Filmkassetten. Nicht-Leica-Fanboys behaupten, hier wäre bei einer ansonsten fast identischen Kamera lediglich der Ein-/Ausschalter auf die Rückseite gewandert und einzig das prägnante Leica-Logo würde nun für einen saftigen Aufpreis sorgen; viele Verkäufer bestreiten dies natürlich äußerst vehement und verweisen auf die überragende "Bildqualität" der Instantkamera mit dem roten Punkt. Kein Wunder - für EINE Leica zahlt man soviel wie für ZWEI Fujis + ein Gyros komplett.

Die Kamera erhält man in den offiziellen Farbbezeichnungen Mint, Orange und White. Leica-typisches schwarz oder silber ist zumindest momentan noch nicht zu haben. Trotz der Vollplastik-Bauweise suggeriert die Kamera zunächst eine gewisse Wertigkeit. Es macht Spaß sie in der Hand zu halten und auch die von mir erworbene Farbvariante Orange versprüht echtes Retrofeeling mit Hinguckgarantie. Nach mehrwöchigem Betrieb zeigen sich jedoch erste Abnutzungserscheinungen am kratzerempfindlichen Batteriefach; weiterhin hat sich ein schlecht verklebter Zierring an einer der Ausfahrstufen des Objektivs gelöst. Das Problem konnte ich schnell mit zwei Tropfen Kunstoffkleber beheben, ärgerlich ist dies beim Preis der Kamera aber allemal.

 Gefüttert wird der insgesamt etwas klobige Apparat mit Instax Farb- oder Monochromfilmen. Diese Kassetten sind sowohl von Fujifilm selber als auch mit Leica-Branding erhältlich und nicht gerade ein Schnäppchen: aktuell kostet ein Farbfilm mit 10 Bildern ungefähr 10 Euro, die schwarz/weiß-Variante ist für etwa 11€ zu haben. Es bleibt also alles beim alten - Sofortbilder waren leider noch nie günstig.

 

Technik

 

Die Leica besitzt ein Objektiv, das zum Kleinbildformat äquivalente 34mm Brennweite bietet. Damit lässt es sich für diverse Anwendungen gut nutzen und ist ganz klar als Allrounder ausgelegt. Die Entfernungseinstellung wird über drei Fixfokus-Stufen realisiert: 0,3 - 0,6m für den Makrobereich, 0,6m - 3m für den Nahbereich und 3m - unendlich für den Fernbereich. Wirklich nennenswerte Unterschiede habe ich dabei bis jetzt nicht ausmachen können. Die kleine Blende von 1:12,7 stellt bei den meisten Kompositionen überwiegend das ganze Motiv scharf und Sofortbilder sind nicht gerade für extraknackige Kanten bekannt. Kurzum: Irgendwie passt es schon immer.

Bei den Modustasten auf der Rückseite der Kamera gibt es keine wirklichen Überraschungen: Automatik, Selfie, Menschen & Party, Action & Sport, Langzeitbelichtung, Makro, Selbstauslöser und ein Taster für Doppelbelichtungen lassen eigentlich keine Wünsche offen. Ebenso lässt sich zusätzlich eine zweistufige Belichtungskorrektur einstellen sowie der Blitz manuell ausschalten. Dies ist ein wirklich sinnvolles feature, da die Automatik für meinen Geschmack sehr hart eingreift und bei meinen bisherigen Aufnahmen zu 90% den Biltz zugeschaltet hat. Gerade bei Selfies und Portraits führt dies sehr oft zu einem schwarz geblitzen Hintergrund mit einem überbelichteten Gesicht in der Mitte.

Die Kamera wird mit einem Li-Ion Akku betrieben und kommt samt Ladegerät und einem Kameragurt; eine Hülle als Schutz für die eher empfindlichen Oberflächen wird leider nicht mitgeliefert. Im Leica Zubehör-Shop findet man darüber hinaus diverse Trageriemen, Taschen sowie Aufbewahrungsmöglichkeiten für Bilder.
 

 "Bildqualität"

 

Ja, wie ist sie denn nun? 

Wer in den letzten zwanzig Jahren einen Quantensprung in Sachen Qualität von Sofortbildern erwartet hat, wird wohl bitter enttäuscht werden. Die Fotos zeigen die gleichen Schwächen (Stärken?) wie damals -  sie sind tendeziell unscharf, pastellig, meist irgendwie fehlbelichtet und flau. Das ist genau das was ich erwartet habe und war zumindest für mich der Grund, mich für das Instax-Format zu entscheiden.

Ich habe die orange Plastikbox sowohl als Alternative für ernsthafte Settings als auch für reine Partyschnappschüsse benutzt - da die Bilder völlig aus der Zeit gefallen scheinen, funktionieren sie auch so blendend für verschiedenste Anwendungen. Wer inspiriert werden möchte, findet auf Instagram jede Menge feeds mit möglichen Einsatzzwecken; der Kreativität sind hier wirklich keine Grenzen gesetzt. 

Ihre Stärken spielt sie vor allem bei wirklich klar strukturierten Motiven aus: Portraits,  Selfies, prägnante Objekte, kräftige Farben. Wer glaubt er könne karge Landschaften im Morgennebel irgendwie ansehnlich zu Papier bringen, sei gewarnt - mir ist sowas bis jetzt nur äußerst selten gelungen. Problematisch finde ich in diesem Zusammenhang vor allem auch die wirklich kleinen Abzüge im Format 62mm x 46mm, bei denen viele Motive einfach nicht die entsprechende Bildwirkung entfalten.

 

Fazit 

 

Eine wirkliche nette Kamera für "Zwischendurch" mit kleinen Schwächen im Detail. Instantfotos sind offensichtlich immer noch nicht tot und etablieren sich immer mehr als ernstzunehmendes Nischenprodukt für Partygänger, Wannabe-Hipster aber auch ambitionierte Fotografen.

279 Euro sind eine Menge Geld für eine Sofortbildkamera - für eine Leica ist dies jedoch ein absolutes Schnäppchen und lässt dabei schon im Vorfeld erahnen, wo die Reise in Sachen Verarbeitung hin geht: Viel Plastik, Made in China. Auch die Bildqualität ist kein neuer Meilenstein der Instantfotografie und lässt sofort Erinnerungen an alte Polaroids wach werden - was absolut kein Nachteil sein muss. Den Anwendungsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt und können von einer Visitenkartenvariante bis hin zu Fashionshoots mit anschließender Digitalisierung der Bilder reichen.

 

Thumbs up!